Sozialversicherung

Lohnabrechnung: Aus Gleitzone wird Übergangsbereich

Lohnabrechnung, Midijobs, neuer Übergangsbereich

Was versteht man unter einer Beschäftigung in der Gleitzone?

Eine Beschäftigung befindet sich in der Gleitzone (Midijob), wenn das daraus erzielte Arbeitsentgelt zwischen 450,01 EUR - 850,00 EUR pro Monat liegt und die Grenze von 850,00 EUR im Monat regelmäßig nicht überschritten wird. Bei mehreren Beschäftigungen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend (§ 20 Abs. 2 SGB IV).

Bestimmte Beschäftigte, wie z.B. Auszubildende und Praktikanten, sind von der Anwendung der Gleitzone ausgenommen.

Vorteile einer Beschäftigung in der Gleitzone

In der Sozialversicherung zahlen Beschäftigte in diesem Einkommensbereich verringerte Arbeitnehmerbeiträge. Diese steigen mit der Höhe des Arbeitsentgelts an und erreichen erst bei 850,00 EUR die allgemeine Beitragsbelastung.

Würde es die Gleitzone nicht geben, müssten Arbeitnehmer bereits ab einem Arbeitsentgelt von 450,01 EUR volle Beiträge in die Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zahlen.

Nachteile einer Beschäftigung in der Gleitzone

Beschäftigte in der Gleitzone zahlen zwar geringere Sozialversicherungsbeiträge. Allerdings erwerben sie damit auch geringere Rentenansprüche.

Die sogenannten Midijobber können aber auf die Gleitzonenregelung in der Rentenversicherung verzichten. Hierzu ist ein schriftlicher Antrag beim Arbeitgeber erforderlich. Der Arbeitgeber berechnet dann mit Wirkung für die Zukunft oder ab Beschäftigungsbeginn die Rentenversicherungsbeiträge nach dem tatsächlichen Verdienst ab. Auf diese Weise erwirbt der Arbeitnehmer höhere Rentenversicherungsansprüche.

Lohnabrechnung: Aus Gleitzone wird Übergangsbereich

Es ist geplant, ab 01.01.2019 die derzeitige Gleitzone in einen sozialversicherungsrechtlichen Übergangsbereich weiterzuentwickeln. Hierzu gibt es einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz), der sich unter anderem mit diesem Aspekt beschäftigt. Zum o.g. Gesetzentwurf liegt eine Stellungnahme des Bundesrats vor.

Außerdem hat die NRW-Landesregierung einen Antrag für ein Gesetz zur Dynamisierung der Einkommensgrenze für Minijobs und für Verbesserungen für Arbeitnehmer in der Gleitzone eingereicht. Der Gesetzentwurf wurde im Bundesrat den zuständigen Ausschüssen zugewiesen.

Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz)

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen Arbeitnehmer mit einem Arbeitsentgelt ab 450,01 EUR auch im neuen Übergangsbereich verringerte Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung zahlen. Diese steigen - wie bisher - mit zunehmenden Einkommen an. Allerdings zahlen Arbeitnehmer zukünftig erst ab 1.300,00 EUR volle Arbeitnehmer-SV-Beiträge (Vorteil I).

Damit würden weit mehr Arbeitnehmer als bisher in den Genuss reduzierter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung kommen.

Durch die Ausweitung der Obergrenze von 850,00 EUR auf 1.300,00 EUR verläuft der Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge deutlich flacher. Dadurch sparen die Arbeitnehmer mit einem Verdienst von 450,01 EUR bis 850,00 EUR noch einmal zusätzlich bei den Arbeitnehmer SV-Beiträgen (Vorteil II).

(Siehe hierzu auch nachfolgende Grafik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales)

Entlastung im Niedriglohnsektor

Neben den reduzierten Beiträgen zur Sozialversicherung ist ein weiterer Vorteil des neuen Übergangsbereichs, dass die Arbeitnehmer im Übergangsbereich trotz verringerter Beiträge zur Rentenversicherung, Rentenversicherungsansprüche aus ihrem tatsächlichen Arbeitsentgelt erwerben (Vorteil III).

Entwurf eines Gesetzes zur Dynamisierung der Einkommensgrenze für Minijobs und für Verbesserungen für Arbeitnehmer in der Gleitzone

Nordrhein-Westfalen hat einen Gesetzentwurf zur Dynamisierung der Einkommensgrenze und Verbesserungen für Arbeitnehmer in der Gleitzone eingebracht.

Wie beim Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen Arbeitnehmer mit einem niedrigen Arbeitsentgelt auch nach dem Willen der NRW-Landesregierung weiterhin geringere Arbeitnehmer-Sozialversicherungsbeiträge zahlen.

Anders als die Bundesregierung möchte NRW jedoch die Einkommensgrenze für Minijobs und die Gleitzone an den gesetzlichen Mindestlohn koppeln und damit dynamisch gestalten: 450,00 EUR soll durch "das 53fache" und 1.300,00 EUR durch "das 148fache des gesetzlichen Mindestlohns" jeweils "gemäß § 1 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns" ersetzt werden.

Eine Beschäftigung in der Gleitzone liegt demnach vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnis das 53fache des gesetzlichen Mindestlohns überschreitet und regelmäßig das 148fache des gesetzlichen Mindestlohns gemäß § 1 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns nicht überschreitet. Bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend.

Vorteil einer dynamischen Gestaltung der Einkommensgrenzen ist, dass Arbeitnehmer bei steigenden Mindestlöhnen nicht immer weniger Stunden arbeiten müssen, um weiterhin im Rahmen eines Minijobs bzw. in der Gleitzone beschäftigt sein zu können.

Fazit und Ausblick

Es bleibt abzuwarten, ob sowohl das RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz als auch das Gesetz zur Dynamisierung der Einkommensgrenze für Minijobs und für Verbesserungen für Arbeitnehmer in der Gleitzone verabschiedet wird. Beide Gesetze sind zustimmungspflichtig in Bundestag und Bundesrat.

Die geplanten Änderungen haben positive Auswirkungen für Arbeitnehmer, da letztlich mehr Netto von ihrem Brutto übrigbleibt. Außerdem erwerben sie höhere Rentenversicherungsansprüche.

Aus Sicht der Arbeitgeber ändert sich bezüglich ihrer Beitragslast zur Sozialversicherung bei der Beschäftigung von Midijobbern nichts: Sie müssen weiterhin ihre SV-Beiträge aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers zahlen. Allerdings könnten die verringerten AN-SV-Beiträge bis zu einem Arbeitsentgelt von knapp 1.300,00 EUR dazu führen, dass ausgeschriebene Stellen im Niedriglohnbereich attraktiver werden.

Mit den Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderung auf die von den Arbeitgebern durchzuführende Prüfung, ob eine Beschäftigung im Übergangsbereich vorliegt und auf das Meldeverfahren in der Sozialversicherung beschäftigt sich in Kürze ein weiterer Artikel auf dieser Website.